Kinderleseecke

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 Die Biene und die Butterblume

 An einem  heißen  Sommertag  geschah es, dass eine Biene sich auf eine Butterblume setzte.
„Au, Du piekst mich ja“ rief das Butterblümchen entsetzt. Die  Biene war ganz erstaunt, als sie angesprochen wurde. „Was machst Du denn für ein Geschrei“ summte die Biene ihrerseits nun aufgeregt.. ich will doch nur Deinen Nektar“.  „Aber siehst Du denn nicht, wie klein ich noch bin? Die Sonne hat mich heute erst zum Blühen erweckt. Da kommst Du einfach daher geflogen und piekst mich“.  Die Biene, die selbst noch sehr klein war, hatte heute zum ersten Mal von der Bienenkönigin den Befehl erhalten, Blütennektar zu sammeln. Ohne den Nektar durfte sie nicht nach Hause kommen. All die großen Blumen, die sie bisher aufgesucht hatte, waren ohne Nektar, da die großen Bienen schon vor ihr dort waren.
Das alles erzählte sie nun dem kleinen Butterblümchen und summte dabei ganz ängstlich.  „Ach Du armes Bienchen, hätte ich das gewusst, hätte ich stillgehalten und mich gar nicht gerührt“. Das Butterblümchen war voller Mitleid mit dem kleinen Bienchen. „Weißt Du was, ab morgen kannst Du michjeden Tag besuchen und den Blütennektar abholen“.  „Das wird aber schwierig“ seufzte das Bienchen. „Meine großen Bienenschwestern und Brüder werden Dich finden und mir nichts übrig lassen“.

„Oh nein“ fiel das Butterblümchen der Biene ins Wort. „Du musst nur sehr früh kommen. Gleich morgens, wenn ich erwache und meine Blüten öffne. Das ist immer um 7 Uhr“.

So geschah es, dass das Butterblümchen und die Biene sich für den nächsten Tag verabredeten. Pünktlich um 7 Uhr flog das Bienchen fröhlich summend zum Butterblümchen. Noch Morgentau auf den Blüten und Blättern räkelte sich das Butterblümchen und blinzelte verschlafen in die gerade aufgehende Sonne. „Guten Morgen“ summte das kleine Bienchen munter. Das Butterblümchen piepste mit verschlafener Stimme „ Guten Morgen, liebes Bienchen, ich muss wohl verschlafen haben“.

So wurden die beiden Freunde und sahen sich Tag für Tag immer morgens um 7 Uhr. Am letzten Julitag kam das Bienchen wieder pünktlich zur verabredeten Zeit. Doch dort, wo ihre kleine Freundin vorher war, stand nur noch ein abgebrochener Blütenstengel. Das Bienchen wurde ganz traurig und weinte herzzerreißend. Sie wollte nun nie mehr Nektar sammeln und auch nicht mehr zur Bienenkönigin zurück. Ganz betrübt flog sie zum Bauernhof, der nicht weit entfernt war. Als sie am Küchenfenster vorbeiflog, machte ihr keines Bienenherz einen freudigen Sprung. Mitten auf dem Küchentisch entdeckte sie ihre kleine Freundin. Mit vielen anderen Butterblümchen stand sie in der Vase. Das Bienchen fand ein offenes Fenster und flog in die Küche. Die traurig hängenden Blütenblätter des Butterblümchens erhoben sich sogleich und glänzten vor Freude.
„Ich bin ja so froh, Dich zu sehen“ sagte das Butterblümchen. „Ich hatte solche Angst, dass ich Dich nicht mehr sehen würde“. „Was glaubst Du, wie traurig ich war, als Du nicht an Deinem Platz standest „ flüsterte das Bienchen. „Jetzt aber habe ich Dich wiedergefunden, und ich nehme Dich einfach mit zu Deinem Platz auf der Wiese. Dort kannst Du Dich erst einmal erholen.“ Die anderen Butterblumen hatten ihre Köpfe zusammengesteckt und flüsterten ebenfalls miteinander.  Die größte von ihnen meldete sich zu Wort „wir haben beschlossen, dass Du unsere kleine Schwester mitnehmen kannst. Wir sind ja so viele, dass es gar nicht auffällt, wenn sie nicht mehr hier ist“.   „Halt Dich an mir fest“ sagte das Bienchen“ und bevor das Butterblümchen wusste, wie ihr geschah, flog sie mit dem Bienchen zu ihrem alten Platz auf der Wiese. Dort setzt sie das Bienchen ganz vorsichtig auf dem abgebrochenen Blütenstengel ab. Ganz schwindelig wurde es dem Butterblümchen, weil es keinen richtigen Halt fand. „Warte, ich bin gleich wieder zurück“ sagte das Bienchen und flog davon.  Doch schon nach wenigen Minuten kam das Bienchen zurück und hatte in ihrem Gefolge eine große schwarze Spinne.   „Ihgitt“ sagte das Butterblümchen und zitterte so sehr, dass die kleinen Blütenblätter wackelten. „Ich habe doch Angst vor Spinnen“ fügte es leise hinzu.  „Hab keine Angst vor mir“ meldete sich nun die Spinne zu Wort. „Ich will Dir doch nur helfen. So viele haben Angst vor mir, dabei tue ich doch niemandem etwas“.
Bevor das Butterblümchen antworten konnte, kletterte die Spinne den Blütenstengel hinauf. Sie dreht einige Runden genau an den abgebrochenen Stengel und wob ihre Spinnfäden fest darum. Plötzlich hatte das Butterblümchen wieder festen Halt. Es strahlte mit der Sonne um die Wette. „Danke, liebe Spinne. Ich wusste ja gar nicht, dass Du ein so liebes Tier bist. Ich werde allen davon berichten“. Da freute sich die Spinne und machte sich glücklich wieder auf den Weg.

Nach einigen Tagen hatte sich das Butterblümchen richtig erholt. So lange besuchte das Bienchen sie auch nur, um nach ihr zu sehen. Doch nun sagte das Butterblümchen zu ihr „Morgen bist Du aber wieder pünktlich um 7 Uhr hier, um Deinen Nektar abzuholen“.
Das Bienchen schlug einen Salto in der Luft vor Freude.

So waren die beiden unzertrennliche Freunde….

…….und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute…..


Silvia Schulz-Merry




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